Berliner Fotomarathon 2004
Gegeben: Ein Farbnegativfilm mit 24 Aufnahmen. Die Aufgabe: 24 Themen an vier verschiedenen Orten innerhalb von 12 Stunden umsetzen. Pro Thema ein Schuss
Eine eigentümliche Erfahrung. Die Arbeitsweise ungewohnt, halb – selbstgewählter – Auftrag, halb freies Projekt, eingebettet in den Kontext einer Schnitzeljagd. Dazu der Zeitdruck und der scheinbare Widerspruch zum wirklich freien Arbeiten. Der Reiz besteht darin, heraus zu finden, ob und wie ich es überstehen werde.
Aufbruch in eine Stadt, die ich so gut nun auch nicht kenne. Der Startpunkt ist bekannt, dort wird der erste Themenzettel ausgegeben. Dazu ein paar Informationen über das Areal, auf dem ich mich gerade bewege und Hinweise zum nächsten Treffpunkt. In drei Stunden muss ich dort sein und mir den nächsten Themenzettel abholen. Komme ich zu spät, bin ich draußen. Auch die Sorge, möglicherweise zu lange auf den Auslöser zu drücken, ist berechtigt – ein zweites Bild zu einem Thema katapultiert mich automatisch in die Kategorie der Looser. Das führt zu einer bisher nicht gekannten Verhaltensweise – nach jedem Schuss schalte ich die Kamera sofort ab Dieser Rhythmus wird mich einen halben Tag lang begleiten.
Ich bin mit meinem Mann und einem ehemaligen Kommilitonen unterwegs. Beide nehmen auch teil – was den Reiz verstärkt. Die Bilder entstehen leichter als gedacht. Die übliche Aufmerksamkeit, mit der ich sonst meine Motive finde, ist noch etwas geschärft. Am Flughafen Tempelhof bemerke ich einen Anflug von Nervosität, der sich u. a. darin äußert, dass ich vermehrt auf die Uhr sehe und mit einer leicht übertriebenen Zielstrebigkeit zum nächsten Thema aufbreche.
Doch das legt sich schnell und weicht einem entspannten Schnüren durch die Berliner Jagdgründe. Meine Erfahrung mit den vom Organisationsteam gewählten Orten ist positiv – alle Themen lassen sich immer dort abarbeiten. Die Zeit ist schon nach dem ersten Block kein Angstgegner mehr. Unsere Dreiergruppe ist nach spätestens 90 Minuten mit den Bildern durch, zum krönenden Abschluss sogar schon nach einer halben Stunde, obwohl wir unterschiedlicher nicht arbeiten könnten. Einer mit sorgfältig geplanten Bildausschnitten, einer dokumentierend, der Dritte grundsätzlich aleatorisch.
Das wechselhafte Wetter mit starkem Hang zu heftigem Regen stellt keine wirkliche Beeinträchtigung dar. Unser zügiges Arbeiten fällt immer in Perioden ohne Nässe, den Rest der Zeit verbringen wir trocken in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder noch angenehmer bei einer Tasse Kaffee in der örtlichen Gastronomie – wir haben ja immer genügend Spielraum. Eine unerwartete Gelegenheit, die schon oft besuchte Stadt mal anders zu erleben.